Der erste Impuls war, diesen Beitrag „Überprüfung des Impfversprechens“ zu betiteln. Das klang mir aber zu theatralisch. Jeder mag sich selbst fragen, welche Erwartungshaltung er mit der Impfung verbunden hat und wie diese durch Äußerungen von Politikern und möglicherweise auch anderen Menschen beeinflusst wurde. Jeder mag ebenfalls für sich selbst überprüfen, in wie weit sich die eigene Erwartungshaltung erfüllt hat oder auch, ob das von der Politik gemachte Impfversprechen eingehalten werden konnte.

Ich werde es datentechnisch wieder einfach halten und die Daten des RKI im Jahresvergleich darstellen. War das Jahr 2020, in dem wir noch vollkommen ohne Impfung auskommen mussten, schlechter als das Jahr zwei der Pandemie – 2021? Meiner Meinung nach sollte man das annehmen dürfen, wenn die Impfung grundsätzlich positiv wirkt.

Als Kriterien zur Beantwortung dieser Frage betrachte ich die Inzidenz, die Auslastung der Intensivbetten und die Zahl der Toten. Dass die Inzidenz qualitativ ein denkbar schlechter Wert ist, muss ich hier außen vor lassen. Ein Konsultationsindex würde nach meiner Überzeugung einen viel besseren Wert darstellen. Den haben wir aber nicht. Zusätzlich sei noch die Übersterblichkeit berücksichtigt. Im November 2020 wurde eine Übersterblichkeit von acht Prozent berichtet und mit Covid19 Toten erklärt. Auch hierzu gibt es Berichte, dass dieser Wert demografische Effekte nicht berücksichtigt und es eigentlich kaum eine Übersterblichkeit gegeben habe. Auch diesen Aspekt möchte ich nicht betrachten sondern lediglich die von offizieller Seite publizierten Daten verwenden.

Inzidenz

Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf der Inzidenz vergleichend für 2020 (schwarze Linie) und 2021 (rote Linie) als gleitendes sieben Tage Mittel. Die cyan-farbene Kurve zeigt den Verlauf der Quote doppelt Geimpfter in Prozent. Die Daten stammen vom Impfdashboard (Datei zum Herunterladen), Spalte „dosen_zweit_kumulativ“.

Man erkennt, dass die Inzidenz im gesamten Jahr 2020 niedriger war als im Jahr 2021 bis zum 18.12.2021. Das Postulat, dass man als Geimpfter andere schützt, kann mit dieser Kurve nicht belegt werden.

Intensivbetten – Belegung

Als nächstes wird die Belegung der Intensivbetten betrachtet. Diese dient als wichtiger Indikator, um eine Überlastung des Gesundheitswesens erkennen zu können. Außerdem sollte dieser Wert die Inzidenz als wichtigstes Kriterium ablösen. Die nächsten beiden Abbildungen zeigen die relative Intensivbettenbelegung gesamt (links) und durch Corona Patienten (rechts). Normiert wurde auf das jeweilige absolute Maximum im betrachteten Intervall, also 2020 und bis 18.12.2021. Die schwarzen Kurven zeigen die Daten für 2020, die roten für 2021.

Der linken Abbildung kann man entnehmen, dass seit der vollständigen Erfassung der Daten, etwa ab Ende April 2020 die Zahl der belegten Intensivbetten relativ konstant bleibt. In 2021 erscheint die Zahl belegter Betten im Mittel ein klein wenig niedriger zu sein als 2020. Einen signifikanten Unterschied stellt dies nach meiner Einschätzung nicht dar. Die rechte Abbildung zeigt den relativen Verlauf der Belegung von Intensivbetten durch an SARS-COV-2 Erkrankte. Die rote Kurve (2021) liegt dabei meist höher als die schwarze (2020). Erst Ende 2021 scheint die Kurve unter die von 2020 zu fallen.

Im Gegensatz zu der Gesamtzahl belegter Betten, die unverändert bleibt, hat sich die Zahl freier Betten sowie der Notfallreserve an Intensivbetten verändert. Diese wurden stark reduziert, wie in den beiden folgenden Bildern dargestellt.

Die linke Abbildung zeigt die Entwicklung der (relativen) Zahl freier Betten in 2020 (schwarz) und 2021 (rot). In 2020 wurde die Zahl der Betten seit Ende April (t_{120}) um 70 Prozent reduziert. In 2021 wurde die Zahl freier Betten um weitere zehn Prozent reduziert. Auch die Notfallreserve wird reduziert, ab November 2020 zunächst auf 85 Prozent des Maximums und dann erneut, genau ein Jahr später, im November 2021 um weitere 20 Prozent auf 65 Prozent des Maximums.

Das heißt, wohingegen die Zahl aller belegten Intensivbetten während der gesamten Pandemie konstant bleibt (leicht schwankend um einen Mittelwert), wurde die Zahl freier Intensivbetten sowie deren Notfallreserve stark abgebaut. Eine solche Reaktion des Gesundheitswesens auf die Pandemie kann nach meiner persönlichen Einschätzung nur bedeuten, dass man mit keiner Überlastung rechnet.

Verstorbene

Die folgende Abbildung zeigt den Jahresvergleich der an Corona Verstorbenen 2020 (schwarz) mit 2021 (rot). Die cyan-farbene Kurve zeigt den Verlauf der Impfquote doppelt Geimpfter (in Prozent mal zehn. Eins entspricht damit einer Impfquote von zehn Prozent). Die blauen Pfeile markieren Beginn und Ende eines Betrachtungszeitraums, auf den weiter unten eingegangen wird.

Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass die Zahl der Toten deutlich aussagekräftiger ist als die der Inzidenz. Betrachtet man die Zahlen, wie vom RKI veröffentlicht, stellt man fest, dass die Inzidenz der ersten Welle in 2021 deutlich höher war als in 2020. Bei den Toten ergibt sich ein anderes Bild: Das Maximum der Toten in der ersten Welle der beiden Jahre war nahezu gleich groß. Die erste Welle in 2021 fällt langsamer ab und ist deutlich breiter; auch werden nicht die Tiefststände von 2020 erreicht. Bis etwa zum 22.11. (t_{327}) ist die Zahl der Toten in 2021 höher oder genau so hoch wie in 2020.

Zum Abschluss möchte ich noch die Zahl der Coronatoten mit der Zahl aller Verstorbener vergleichen. Dazu wird der Zeitraum betrachtet, der in der vorigen Abbildung mit dem beiden blauen Pfeilen eingegrenzt ist. Der linke Pfeil markiert in etwa den Beginn der ersten Welle in 2020. Dies entspricht Montag, dem 09. März 2020. Die ersten Toten wurden für den 08. März 2020 berichtet. Da destatis die Zahl der Toten pro Kalenderwoche angibt und die Kalenderwoche mit dem Montag beginnt, wurde der 09. März 2020 (KW 11) beziehungsweise der 08. März 2021 (KW 10) als Startzeitpunkt gewählt. Der rechte Pfeil markiert das Ende der aktuell letzten Kalenderwoche 2021 – KW 49 – zu der die Zahl aller Toten veröffentlicht wurde. Diese endete am Sonntag den 13.12.2020 (KW 50) beziehungsweise am Sonntag, den 12.12.2021 (KW 49).

In diesem Zeitraum verstarben 2020 21.973 und 2021 33.820 Menschen an Corona. Anders ausgedrückt verstarben im betrachteten Zeitraum 2021 35 Prozent mehr Menschen an Corona als 2020.

Zusammenfassung

Die Corona Pandemiejahre 2020 und 2021 wurden an Hand der Parameter Inzidenz, Intensivbettenbelegung und Zahl der Corona-Toten miteinander vergleichen. Mit der Impfung wurde am 27.12.2020 begonnen, wobei zunächst die Risikogruppen geimpft wurden. Mittlerweile sind circa 70 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft.

Das Postulat der Politik war, dass man mit der Impfung die Pandemie in den Griff bekommen kann. Das ist offenbar nicht der Fall, da alle Parameter im Impfjahr, im zweiten Jahr der Pandemie, schlechter abschnitten. Auch Erklärungen, dass die Zahlen ohne Impfung noch viel schlimmer gewesen wären, treffen den Punkt nicht. Alle getroffenen Maßnahmen haben in der Summe zu keiner Besserung beigetragen. So sollte die Zahl schwerer Verläufe gesenkt werden. Als Indikator für schwere Verläufe kann man die Belegung von Intensivbetten durch an Corona Erkrankte verwenden. Die Intensivbettenbelegung ist 2021 auch in der zweiten Welle nicht besser als 2020. Auch bei der Zahl der Toten ergibt sich bezüglich der ausgewerteten Zeiträume für 2021 kein besseres Bild. Unter diesen Aspekten betrachtet, fällt es schwer, das Postulat bezüglich der Reduktion der Zahl schwerer Verläufe bestätigt zu sehen.

Ausblick

Die omikron Variante breitet sich rasant aus. Die Ansteckungsrate ist hoch. Das Virus mutiert schneller als ursprünglich angenommen und offenbar zu schnell für die Impfstoffhersteller. Die aktuell vorliegenden Informationen lassen vermuten, dass der neue Impfstoff erst gegen Ende der Winterperiode zur Verfügung steht. Die omikron Variante ist erstmals im November 2021 in Südafrika beobachtet worden. Man rechnet mit einem spezifischen Impfstoff offenbar im April 2022. Das heißt, ein spezifischer Impfstoff steht fünf Monate nach Auftreten einer neuen Variante zur Verfügung. Für die USA schätzt man den Anteil der an der omikron Variante Erkrankten am 20.12.2021 auf 73 Prozent. Bei der zunehmenden Verbreitungsgeschwindigkeit dieser Variante im Vergleich zu dessen Vorläufern könnte das zu spät sein.

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