Wir haben ein neues Buzz-Word in der Coronakrise: der Superpreader. Mit ihm kommt ein neuer Faktor, der Dispersionsfaktor k.
Noch mehr Faktoren, noch mehr Unklarheiten?
Nein! Lassen wir uns nicht verwirren:
Superspreader sind Personen, die viele, vielleicht sogar mehrere Dutzend andere Menschen infizieren können. Was macht Menschen zu Superspreadern? Eine Vermutung ist, dass diese Personen besonders viele Viren in sich tragen und auch viele Viren ausscheiden. Wahrscheinlicher sei jedoch deren soziales Verhalten, in dem diese „binnen kurzer Zeit viele enge Kontakte zu anderen Menschen haben„. Wenn letzteres wahr ist, stellt sich die Frage, ob sich diese Menschen an die aktuellen Regeln halten, also den Mindestabstand von 1,5 Metern beachten und einen Mundschutz tragen. Die Aussage, dass diese Menschen enge Kontakte haben, legt nahe, dass sich diese nicht an die Regeln halten.
Das kleine k ignorieren wir für’s erste.
Müssen wir uns Sorgen machen?
Nein – dazu folgende Überlegung: Superspreader gibt es, unabhängig davon, ob wir das nun wissen oder nicht. Schauen wir uns die Entwicklung der bekannten Kennzahlen an, dann müssen wir uns bei dem aktuell gegebenen Verhaltensmuster keine Sorgen machen, denn der R-Faktor liegt in Deutschland konstant unter 1.
Stellt sich die Frage, was passiert, wenn die Ausgangsbeschränkungen aufgehoben werden? Ich vermute mal – nicht viel: Das Tragen von Atemschutzmasken schützt nicht den Träger sondern die anderen. Und der Superspreader hält den Abstand jetzt schon nicht ein.
Viel wichtiger erscheint es mir doch, die Zahl der Tests und damit die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, infizierte Personen zu finden. Dazu gehört dann auch, schneller und unbürokratischer als bisher, die anonymisierten Untersuchungsergebnisse zeitnah auszuwerten und zu veröffentlichen. Verzögerungen von 10-14 Tagen können wir uns nicht leisten. Infizierte Personen und Erstkontakte müssen in Quarantäne. Alle anderen können wieder ein weitestgehend normales Leben führen. Massenveranstaltungen halte ich zur Zeit noch für kritisch.
Es ist schwer zu akzeptieren, dass die Regierung auf der einen Seite die Lockerungen nur sehr zögerlich aufheben will, auf der anderen Seite aber an einer zügigen Auswertung und Publikation der Untersuchungsergebnisse und damit an einer kurzen Reaktionszeit wenig Interesse zu haben scheint. Es müsste gerade umgekehrt sein: schnelle Veröffentlichung, kurze Reaktionszeiten bei schlechter werdenden Kennzahlen mit Quarantäne der Betroffenen auf der einen Seite und maximale Reduktion der Einschränkungen auf der anderen Seite.
Liebe Exekutive, versetzt uns in die Lage, eigenständig handeln und reagieren zu können, anstatt uns einfach nur passiv abwarten zu lassen.