An anderer Stelle wurde der Verlauf der Zahl täglicher Neuinfektionen pro hunderttausend und Woche, der Toten pro hunderttausend und Woche sowie der Verlauf der Sterberate für 16 Länder dargestellt. Zumindest in einigen Ländern wurden drei Infektionswellen beobachtet, für andere nur zwei. Bei manchen, wie Großbritannien oder Tschechien war nicht eindeutig festzustellen, ob es eine dritte Welle gab. Eine Berechnung auf „pro Hunderttausend“ ermöglicht einen länderübergreifenden Vergleich und eine objektivierte Betrachtung der Zahlen.

Aus dem Öffentlich Rechtlichen Rundfunk hören wir Dramatisches aus Indien und Brasilien. So titelt die Tagesschau am 21.05.2021 „Neu-Delhi – eine Stadt im Corona-Trauma„. Weiter im Text wird von „Schock, Verzweiflung und Hilflosigkeit“ berichtet. Die faz schreibt über „Nächtliche Bestattungen in São Paulo“ wegen „stark steigenden Todeszahlen in dem Land“. Ist die Situation wirklich so dramatisch?

Diese Seite zeigt die nüchternen Zahlen. In der linken der beiden folgenden Abbildungen sind Mittelwerte zu Neuinfektionen pro hunderttausend und Woche für erste, zweite und dritte Welle für die 16 betrachteten Länder dargestellt. Mittelwerte erlauben eine Abschätzung, ob ein Land stark, durchschnittlich oder weniger stark betroffen ist. Die rechte Abbildung zeigt die Länder sortiert nach Maximum der zweiten Welle, absteigend.

Vergleich Maxima Neuinfektionen

Der Mittelwert der zweiten Welle liegt bei 391 Neuinfektionen pro Hunderttausend und Woche. Das Maximum der ersten Welle ist deutlich kleiner als das der beiden folgenden. Zwischen zweiter und dritter Welle lässt sich an Hand dieser Darstellung mit dieser großen Standardabweichung kein Unterschied feststellen. Am stärksten betroffen sind nach dieser Darstellung Tschechien, die Schweiz und Großbritannien. Indien und Brasilien landen weit hinten unmittelbar vor beziehungsweise nach Deutschland. Russland, Mexiko und Venezuela belegen die letzten drei Plätze und haben somit die niedrigste Infektionsrate.

Vergleich Maxima Tote

Für die Zahl täglicher Sterbefälle ergibt sich für die Mittelwerte der drei Wellen ein ähnliches Bild wie bei der Zahl täglicher Neuinfektionen, jeweils pro Hunderttausend und Woche (linke Abbildung). Für die zweite Welle wird der höchste Wert gemessen, für die erste Welle der niedrigste. Allerdings sind die Unterschiede nicht so klar. Die Standardabweichungen sind sehr groß, so dass nur an Hand dieser Daten schwerlich ein signifikanter Unterschied ausgemacht werden kann.

Die rechte Abbildung zeigt das Maximum der zweiten Welle für die Zahl täglicher Sterbefälle pro Hunderttausend und Woche, absteigend sortiert. Für Tschechien und Großbritannien wurden die höchsten Werte ermittelt mit etwas über 13 Toten pro Hunderttausend und Woche, gefolgt von Brasilien mit 10. Indien liegt auf dem vorletzten Platz mit gerade einmal zwei Toten pro Hunderttausend und Woche. Wohingegen Brasilien einen relativ guten Platz bei der Zahl der Neuinfektionen einnimmt, sieht dies bei Betrachtung der Toten nicht mehr so gut aus. Brasilien landet auf dem dritten Platz.

Tote bezogen auf Gesamtbevölkerung

Es ist relativ schwierig die Testregime unter den Ländern zu vergleichen. Die Zahl der festgestellten Infizierten erscheint wenig belastbar und schlecht geeignet, um die Situation in den einzelnen Ländern zu vergleichen. Daher wird im Folgenden die Zahl der Toten in Bezug auf die Einwohnerzahl des jeweiligen Landes gesetzt. Auch wenn hier hinterfragt werden kann, ob jemand an oder mit Corona verstorben ist, erscheint dieser Wert etwas stabiler als der der Infizierten.

Nach dieser Darstellung belegt Tschechien ebenfalls den ersten und damit schlechtesten Platz mit 280 Toten pro Hunderttausend gefolgt von Brasilien mit 212 Toten pro Hunderttausend. Indien belegt den drittletzten Platz mit nur knapp 22 Toten pro Hunderttausend.

Auch diese Darstellung erlaubt nur bedingt einen Vergleich zwischen den Ländern. Denn die „Sterberate“ wird stark von der Altersstruktur des jeweiligen Landes bestimmt. Länder mit einer überalterten Gesellschaft und niedriger Geburtenrate haben eine relativ hohe Sterberate. In der nächsten Abbildung wird daher die allgemeine Sterberate, die alle Todesursachen umfasst, mit der Corona Sterberate verglichen. Da die übliche Einheit in solchen Auswertung Tote pro Tausend Einwohner ist, werden die Werte aus der vorigen Abbildung auf diese Einheit umgerechnet.

Aus dieser Abbildung lässt sich erkennen, dass das Ranking der Corona-Sterberate ein anderes ist als das der allgemeinen Sterberate. Man könnte vermuten, dass in Ländern mit gutem Gesundheitssystem der relative Anteil Corona-Toter geringer ist als in Ländern mit vergleichsweise schlechtem Gesundheitssystem. Die folgende Abbildung zeigt deshalb das Verhältnis der Corona-Sterberate zu allgemeiner Sterberate. Es muss angemerkt werden, dass alle Corona-Toten bis zum 23.05.2021 berücksichtigt wurden und nicht pro Jahr. Ein relativer Vergleich ist dennoch zulässig, da diese Vorgehensweise bei allen Länder angewendet wurde.

Aus dieser Abbildung ist deutlich zu erkennen, dass Brasilien anteilig am stärksten von Corona betroffen ist. Überraschend erscheinen die guten Plätze von Indien, Venezuela und Mexiko. Spontan stellt sich die Frage, ob es Unterschiede in den einzelnen Ländern bezüglich der Feststellung der Todesursache gibt. Jedenfalls lässt sich aus dieser Auswertung die Hypothese, dass in Ländern mit (vermutetem) schlechtem Gesundheitssystem der Anteil Corona-Toter an der Gesamtzahl aller Toter hoch ist, nicht bestätigen.

Zusammenfassung

Wohingegen sich die Situation für Brasilien tatsächlich als dramatisch darstellt, kann dies für Indien nicht bestätigt werden. Ein Zusammenhang zwischen Qualität des Gesundheitssystems und der Zahl der Corona-Toten kann nicht hergestellt werden. Letzteres erscheint doch eingermaßen überraschend.

Ein Gedanke zu „KPI – Ländervergleich Auswertung“
  1. Bin mal gespannt welche Erklärungen für die komische Übersterblichkeit seit Mitte April gegeben werden. Aktuell sterben laut Destatis ca. 100 Menschen pro Tag mehr als in den Vorjahren und relativ ganz erheblich mehr als in den Monaten Februar und März.
    Ich habe da so eine Vermutung, aber mögliche Hypothesen wären m.E. :
    1. Die Sterblichkeit ist wegen Corona erhöht. Dagegen spricht die deutliche Abnahme der Infektionen.
    2. Die Impfung tötet Menschen. Dann müsste der Effekt anhalten bis die Impfung vorbei ist.
    3. Die Untersterblichkeit im Februar März verschiebt die Todesfälle in spätere Monate..
    4. Unbekannte andere Ursache.

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