Es ist schon ein paar Wochen her, da geisterte das Schlagwort Ivermectin durch die Medien als mögliches Mittel gegen das Coronavirus. Was es damit auf sich haben könnte, möchte ich in diesem Beitrag erläutern.
Kaum war die Idee, Ivermectin könnte gegen Covid19 helfen, aus dem Sack, wurden im Mainstream Artikel veröffentlicht, die gegen dessen Anwendung sprechen sollten.
Die gezeigte Verpackung vermittelt den Eindruck, dass es sich bei Ivermectin um ein veterinärmedizinisches Präparat handelt – eine Entwurmungskur für Pferde. Das ist grundsätzlich richtig. Ivermectin gibt es als Medizin für Tiere. Wichtiger ist an dieser Stelle aber doch, dass es auch als Medikament für den Menschen zugelassen ist, in Deutschland in der oralen Verabreichungsform seit 2016. Im zitierten Artikel wird angegeben, dass Ivermectin „. . . u. a. bei Kopfläusen, Krätze (Scabies), Flussblindheit, Strongyloidiasis und lymphatischer Filariasis eingesetzt“ wird. Mir stellt sich die Frage, was der Verweis auf eine Pferdeentwurmungskur soll? Es stimmt, dass Ivermectin in der EU nicht gegen Covid19 zugelassen ist, aber als Arzneimittel für den Menschen schon. Bei Überdosierung kann es zu Vergiftungserscheinungen kommen. Ich muss zugeben, dass mich diese Information nicht sehr überrascht. Man soll dieses Phänomen auch bei anderen Arzneimitteln festgestellt haben.
Wie ist man nun aber überhaupt auf die Idee gekommen, dass Ivermectin gegen das Coronavirus zum Einsatz kommen könnte. Da wären Politiker zu nennen, die sich in dieser Hinsicht geäußert haben, wie zum Beispiel den impfskeptischen Chef der rechten FPÖ, Herbert Kickl. Mag sein, dass der Mann sich dementsprechend geäußert hat. Gibt es denn noch andere Hinweise als solche aus dem Mund von Politikern? Es gibt sie, von Wissenschaftlern. Wer hätte das gedacht. Die Quintesenz soll über folgende Abbildung vermittelt werden:
Die gelbe Kurve zeigt den Verlauf der Inzidenz in 22 afrikanischen Ländern, in denen Ivermectin nicht zum Einsatz kommt. Die blaue Kurve zeigt den Verlauf der Inzidenz in 31 afrikanischen Ländern, in denen Ivermectin zur Anwendung kommt (weitere Details).
Ivermectin wird gegen den Fadenwurm Onchocerca volvulus eingesetzt, der die Flussblindheit auslöst. Also auch in Afrika wird Ivermectin nicht gegen Covid19 eingesetzt sondern gegen einen Parasiten. Unabhängig davon muss man zwingend feststellen, dass in den Ländern, in denen Ivermectin zum Einsatz kommt, die Covid19 Inzidenz drastisch abgeflacht ist. Diese Beobachtung stellt aber lediglich eine Korrelation dar und ist für sich genommen nicht geeignet, auf einen kausalen Zusammenhang zu schließen. „Kausaler“ kann man die Beobachtung aus verschiedenen indischen Bundesstaaten wie Uttar Prahdesh verstehen, die eine Zeit lang Ivermectin zur Prophylaxe und Frühbehandlung einsetzten und keine Probleme mit Covid19 hatten. Nach Aussetzung von Ivermectin stieg die Inzidenz an, nachdem es wieder eingesetzt wurde, ging sie sofort zurück.
Diese Beobachtungen sollten Grund genug sein, die Wirksamkeit von Ivermectin auf das Coronavirus zu untersuchen. Jede Möglichkeit, die uns in der Pandemie Hilfe in Aussicht stellt, sollte auf ihre tatsächliche Wirksamkeit untersucht werden. Hinweise des Mainstreams auf einen veterinärmedizinischen Einsatz sind zwar nicht falsch, an dieser Stelle jedoch irreführend.
Interessanter scheint mir da eine Publikation des Institut Pasteur. Die Wissenschaftler führten ihre Untersuchungen an einem Tiermodell durch und fanden heraus, dass Ivermectin die Entzündung des respiratorischen Traktes reduzieren konnte und in der Lage war, die Schwere des Krankheitsverlaufs zu mildern. Ivermectin war aber nicht in der Lage, die Replikationsrate des Virus zu reduzieren. (Im Original: „The findings of the study reveal that ivermectin modulates the immune response in animal models infected with SARS-CoV-2, lessening inflammation in the respiratory tract. This immunomodulatory effect helps reduce the emergence of symptoms of the disease. The scientists also demonstrated that the drug reduces the risk of animals losing their sense of smell. But they observed that treatment with ivermectin has no impact on SARS-CoV-2 viral replication.“)
Dazu passend ein weiteres Beispiel, in dem Kritik an Ivermectin geübt wird, auf den Seiten des WDR: „Tatsächlich gab es laut der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA Laborstudien, wonach Ivermectin die Vervielfältigung des Virus blockieren kann. Aber: Dafür brauche es eine viel höhere Konzentration, als die derzeit zugelassene Dosierung erlaube.“ Es wird die Auswirkung von Ivermectin auf die Vervielfältigung des Coronavirus beschrieben. Das Institut Pasteur zeigt in seiner Arbeit aber gerade, dass darin nicht seine Wirkung liegt sondern in der Linderung des Krankheitsverlaufs. Publikationen, die einen Einsatz von Ivermectin empfehlen, sprechen von einer Dosierung von 0,2 mg (vorbeugend) beziehungsweise 0,4 mg (nach Kontakt mit Covid19) pro Kilogramm Körpergewicht. In Deutschland wird eine Dosierung von 0,2 mg pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Weiterhin heißt es im zitierten Text: „Ivermectin hatte keine Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit von Ratten, die bis zum 3-fachen der für den Menschen empfohlenen Höchst-Dosis von 200 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht . . . erhielten“.
Die Kritik zielt auf Effekte ab, die nicht als die wichtigen herausgefunden wurden. Zu diesen Nebensächlichkeiten finden die Kritiker Angaben zu ungesund hoher Dosierung. Warum sollte man auch über das Relevante reden, liegt das Irrelevante doch so nah.
Zum Abschluss nochmal etwas zum Thema Toxizität von Ivermectin. Auf arznei-news findet man dazu folgende Aussage: „Ivermectin wurde 1975 entdeckt und kam 1981 zur medizinischen Anwendung. Es steht auf der Liste der lebenswichtigen Medikamente der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der wirksamsten und sichersten Medikamente, die in einem Gesundheitssystem benötigt werden.“
Es handelt sich bei Ivermectin also um eines der wirksamsten und sichersten Medikamente!