Inzidenz

Nach dem das Jahr zwei der Corona Pandemie fast verstrichen ist, möchte ich den Verlauf der Inzidenzen und Toten der Jahre 2020 und 2021 vergleichend darstellen und einen Blick auf die Belegung der Intensivbetten werfen. Die folgende Abbildung zeigt die Inzidenz, also den Verlauf der Infizierten pro hunderttausend und Woche. Die gezeigten Daten entsprechen dem 7-Tagesmittel, berechnet aus den Originaldaten des Robert-Koch Instituts. Die schwarze Kurve zeigt die Daten aus dem Jahr 2020, die rote Kurve die Daten aus 2021.

Aus dieser Darstellung kann man ablesen, dass die (aller-) erste Welle im Jahr 2020 deutlich schwächer war, als die erste Welle des Folgejahres 2021. Die zweite Welle beginnt 2021 deutlich früher, ist aber bis jetzt in der Höhe der Inzidenz vergleichbar zum Vorjahr.

Dieser Schein trügt aber, da die Testzahlen die Inzidenz unmittelbar beeinflussen: je mehr Tests, desto mehr Infizierte werden gefunden. Daher muss die Anzahl durchgeführter Tests bei der Darstellung berücksichtigt werden. (Das Testregime, also die Vorgabe, wie Personen, die getestet werden, ausgewählt werden, müsste auch noch berücksichtigt werden. Dies ist für mich aber schlicht nicht quantifizierbar.) Die folgende Abbildung zeigt daher die Inzidenz normiert auf die Anzahl durchgeführter Tests für die beiden Jahre 2020 (schwarz) und 2021 (rot). Die relativen Testzahlen (grün) sind ebenso für 2020 (durchgezogene Linie) und 2021 (gestrichelte Linie) abgebildet. Außerdem ist die relative Impfquote in Prozent für 2021 (cyan) bezogen auf die Gesamtbevölkerungszahl Deutschlands abgebildet.

In dieser Darstellung erscheinen die ersten Wellen des jeweiligen Jahres vergleichbar. Dies gilt grob für den zeitlichen Verlauf als auch für die Amplitude, mit dem Unterschied, dass die erste Welle 2021 etwas breiter ist. Man erkennt an den grünen Kurven, dass die Zahl der Tests, die während der ersten Welle durchgeführt wurden in 2021 etwa dreimal so groß war wie 2020. Zu Beginn der zweiten Welle sind die Testzahlen der beiden Jahre 2020 und 2021 in etwa vergleichbar. Seit etwa vier Wochen geht die relative Testzahl des laufenden Jahres gegenüber 2020 etwas zurück.

Die zweite Welle beginnt im Jahr 2021 deutlich, fast drei Monate, früher als 2020 und ist – bezogen auf die normierten (!) Zahlen – deutlich größer als 2020. An t_{308} (03.11.2020 bzw. 04.11.2021) mit 312 (in 2021) zu 158 (in 2020) in etwa doppelt so hoch. Wohingegen es 2020 ein ausgeprägtes Tal zwischen erster und zweiter Welle gab, das fast vier Monate andauerte und durch sehr niedrige Inzidenzen zwischen circa 10 und 20 ausgezeichnet ist, fällt das Tal 2021 deutlich kürzer aus. Es kann gar nicht von einem dauerhaft niedrigen Inzidenzwert gesprochen werden.

Die cyan-farbene Kurve zeigt den Verlauf der Impfquote. Dieser Verlauf ist sigmoidal. Der exponentielle Teil der sigmoidalen Kurve beginnt circa drei Wochen nach Erreichen des Maximums der ersten Welle 2021. Mit Beginn der zweiten Welle des Jahres 2021 erreicht die Impfquote nahezu ihr Plateau.

Tote

Wie schon an anderen Stellen berichtet, ist die Inzidenz kein wirklich belastbarer Wert. Daher ist es wichtig, auch den Verlauf der Zahl der Toten pro hunderttausend und Woche zu betrachten. Die folgende Abbildung zeigt wieder den Vergleich zwischen 2020 (schwarz) und 2021 (rot). Zusätzlich ist auch hier die Impfquote (cyan, Y-Achse zeigt den Prozentwert geteilt durch 10) dargestellt.

Die erste Welle des Jahres 2021 beginnt im selben Zeitraum wie die erste Welle des Vorjahres. Die erste Welle aus 2021 hat ein vergleichbares Maximum, ist aber deutlich breiter als 2020. Dies passt zum Verlauf der Inzidenz. Der Verlauf der Toten zeigt in beiden Jahren ein ausgeprägtes Tal im Sommer und unterscheidet sich somit deutlich vom Verlauf der Inzidenz, die unmittelbar nach Erreichen des Minimus wieder anzusteigen beginnt.

Sterberate

Um zumindest grob abschätzen zu können, wie schlimm die Pandemie sich entwickelt, und ob sich die neuen Mutationen auf die Letalität auswirken, betrachten wir den Verlauf der Fallsterblichkeitsrate (FSR). Die folgende Abbildung zeigt die FSR für 2020 (schwarz) und 2021 (rot). Bei der Berechnung der FSR wurde die Inzidenz um 22 Tage nach hinten verschoben, um die Zeitdifferenz zwischen Erkrankung und Tod zu berücksichtigen.

Bis auf den Beginn der Pandemie, zu dem die Datenlage noch dürftig war, verläuft die FSR in 2021 vergleichbar zu der von 2020. Eine kleine Ausnahme kann man im Juli beobachten. Wohingegen im Juli 2020 die FSR ihr Minimum von etwa 0,3 Prozent erreichte, nimmt die FSR im Juli des Jahres 2021 auf bis zu etwa 1,7 Prozent zu und bleibt drei Wochen über einem Prozent. Danach verläuft die FSR der beiden Jahre für knapp zwei Monate parallel. Ab etwa Mitte September (t_{260}}) verläuft die FSR für 2021 flacher, d.h. die FSR ist ab diesem Zeitpunkt niedriger als im Vorjahr.

Intensivbetten

Der Richtwert Inzidenz wurde im Sommer 2021 durch die Belegung der Intensivbetten ersetzt. Die folgenden drei Abbildungen zeigen den Verlauf a) der Belegung, b) freier Betten und c) der Notfallreserve. Die Kurven für das Jahr 2020 sind in schwarz, die für 2021 in rot dargestellt.

Die linke Abbildung zeigt den Verlauf der Belegung der Intensivbetten. Diese Kurve schwankt leicht zwischen 100 und circa 85 Prozent des Maximums, den größten Teil der Zeit liegt die Belegung bei etwa 90 Prozent. Im Gegensatz dazu sieht man in der mittleren Abbildung, dass sich die Zahl freier Intensivbetten vom Maximum von 100 Prozent (circa 12.000) zu Beginn der Erfassung der Daten im April 2020 auf 30 Prozent (circa 3.500) gegen Ende des Jahres 2020 reduziert hat und seit dem in etwa konstant bleibt. Eine solche Reduktion kann man entweder durch eine stärkere Belegung erklären oder durch einen Abbau von Betten. Da keine Zunahme der Belegung nachgewiesen werden kann, muss diese Reduktion durch einen Abbau freier Betten erklärt werden. In absoluten Zahlen ausgedrückt wurden etwa 8.500 Betten abgebaut, bei einer maximalen Belegung von etwa 19.500 Betten. Die rechte Abbildung zeigt den relativen Verlauf der Notfallreserve an Intensivbetten. Diese erreichte ihr Maximum Ende Oktober 2020 und wurde bis Ende 2020 auf etwa 80 Prozent abgebaut. Dieser Wert bleibt seit Beginn des Jahres 2021 relativ konstant und schwankt leicht zwischen 80 und 85 Prozent, das sind in absoluten Zahlen gut 10.000 Betten als Notfallreserve.

Zusammenfassung

Aus den gezeigten Daten lässt sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der Toten, der Sterberate sowie der Belegung der Intensivbetten zwischen 2020 und 2021 ablesen. Im Unterschied dazu startete die zweite Welle im Jahr 2021 deutlich früher. Die Zahl freier Intensivbetten wurde massiv um circa 70 Prozent abgebaut. (Bezogen auf das absolute Maximum von 12.595 und dem absoluten Minimum von 2.328 sogar um 80 Prozent.) Im Mittel sind etwa 19.500 Intensivbetten belegt. Nimmt man freie Betten und Notfallreserve zusammen, stehen noch circa 13.000 Intensivbetten zur Verfügung. Das entspricht zwei Drittel der aktuellen Belegung an freier Kapazität.

Ich kann aus den gezeigten Daten keinen positiven Effekt der Impfung auf die Zahl der Infizierten ablesen. Eher noch könnte man eine Verschlechterung vermuten. Wäre die Impfung so gut, wie versprochen und würde tatsächlich gelten, dass Geimpfte auch andere schützen, in dem sie andere nicht anstecken, sollte man, nach meiner Einschätzung, auch bereits bei einer Impfquote von „nur“ 70 Prozent einen spürbaren Effekt auf die Inzidenz beobachten können. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass die Zahl derer, die andere infizieren können von 100 Prozent auf 30 Prozent gefallen sein müsste. Das entspräche einer Reduktion der „Infektionsquellen“ um das Dreifache. Aber anstelle eines relativen Rückgangs der Inzidenz in 2021 gegenüber 2020 beobachten wir aktuell sogar eine Zunahme.

Ein positiver Effekt deutet sich in der langsameren Zunahme der Fallsterblichkeitsrate an. Dies könnte man auf die Impfung zurückführen, aber auch auf eine Mutation der Viren, die zwar virulenter, ansteckender geworden sein könnten aber auch weniger tödlich.

Ein Gedanke zu „Covid 19 im Jahresvergleich“
  1. Wenn man nicht mehr schlafen kann und um 4 Uhr morgens sich fragt, wie wohl die Fallsterblichkeit ist und dann denkt, vielleicht hat Robert ja was gerechnet und dann, wie durch Magie, bei Dir die Antwort bekommt, ja dann fängt man an, an den Kosmos zu glauben. Danke also für die Aufarbeitung der Zahlen und wieder einmal werden die unsinnigen Behauptungen widerlegt. Ich kann die auch den Kanal „der subjektive Student“ empfehlen, der auch Daten aufbereitet und sich an Fakten orientiert anstatt an Glaubenssätzen.

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