C3 und C4 Pflanzen im Vergleich
Beim Klimawandel wird Kohlendioxid (CO2) eine entscheidende Rolle beigemessen. CO2 hat neben der Eigenschaft, ein Treibhausgas zu sein, große Bedeutung für den belebten Teil der Welt. Gelöst in Wasser bildet es Kohlensäure, die ein wichtiges Element im Säurehaushalt zum Beispiel unseres Blutes darstellt. Noch viel wichtiger ist aber seine Bedeutung für Pflanzen, die ohne ein Minimum an CO2 gar keinen Sauerstoff (O2) Überschuss produzieren könnten. O2 stellt dabei ein Ausscheidungsprodukt bei der Verstoffwechselung von CO2 zu Kohlenhydraten dar. Der biochemische Prozess dürfte den meisten unter dem Namen Photosynthese bekannt sein. Kohlenhydrate sind ein wichtiger Ausgangsstoff für Pflanzenwachstum. Kurz zusammengefasst: Ohne eine ausreichende Menge an CO2 kein Pflanzenwachstum, ohne Pflanzen kein tierisches Leben.
Stellt sich also die Frage, wie viel CO2 braucht denn so eine Pflanze? Diese Frage kann nicht eindeutig beantwortet werden. Oder anders ausgedrückt, es gibt zumindest zwei qualitativ unterschiedliche Prozesse, die signifikant unterschiedliche CO2 – Konzentrationen benötigen. Diese beiden Prozesse werden über die Bezeichnungen ‚C3‚- beziehungsweise ‚C4‚- Pflanze unterschieden. Die folgende Abbildung (Creative Commons Attribution-ShareAlike License, es wurden keine Änderungen vorgenommen) zeigt einen Vergleich der CO2 Sensitivität zwischen C3– und C4-Pflanzen, wobei 0,1 Vol.-% 1000 ppm entsprechen.
Die Abbildung zeigt auf der X-Achse die Konzentration des atmosphärischen CO2 und auf der Y-Achse die CO2 Aufnahmerate durch Pflanzen. Nahe am Ursprung des Koordinatensystems ist dieser Wert für beide Stoffwechselprozesse negativ. Was bedeutet eine negative CO2 Verstoffwechselung? In diesem Bereich scheiden die Pflanzen mehr CO2 aus als sie durch Photosynthese erzeugen! Das bedeutet, es muss eine bestimmte Menge an CO2 in der Atmosphäre vorhanden sein, damit Pflanzen gemäß unseres gängigen Verständnisses „funktionieren“. Mit zunehmender atmosphärischer CO2 Konzentration steigt dann die CO2-Aufnahmerate bis die Pflanzen schließlich genau so viel CO2 ausscheiden wie sie aufnehmen. Diesen Punkt nennt man CO2-Kompensationspunkt. Bei weiterer Erhöhung der CO2 Konzentration wird deutlich mehr CO2 gebunden als ausgeschieden.
Der große Unterschied zwischen C3– und C4-Pflanzen besteht darin, dass C4-Pflanzen den CO2-Kompensationspunkt viel früher erreichen, etwa bei einer CO2-Konzentration in der Atmosphäre von 5 ppm. C3 Pflanzen brauchen hierfür eine etwa zwanzigfach höhere Konzentration von 100 ppm CO2. C4-Pflanzen sind somit bei niedrigen CO2-Konzentrationen um ein Vielfaches effektiver als C3-Pflanzen, um CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Außerdem erreichen sie bei niedrigerer CO2-Konzentration das Maximum an CO2-Aufnahmerate. Auf der anderen Seite ist die maximale CO2-Aufnahmerate bei C3-Pflanzen größer.
Zu Beginn der industriellen Revolution lag die Konzentration von CO2 bei etwa 260 bis 280 ppm. Bei dieser Konzentration zeigen C4-Pflanzen schon nahezu ihre maximale CO2-Aufnahmerate, wohingegen C3-Pflanzen gerade einmal etwa ein Viertel ihres CO2-Aufnahmepotentials entfalten. C4-Pflanzen nehmen bei dieser Konzentration etwa 2,75 mal mehr CO2 auf als C3-Pflanzen. Das Problem: Heute stellen C4-Pflanzen nur 5 Prozent der Biomasse und nur 3 Prozent aller Pflanzenarten. Mit einer 2,75-fach höheren CO2-Aufnahmerate errechnet sich daraus, dass C4-Pflanzen zu Beginn der indusrtiellen Revolution für 13,63 Prozent der CO2-Fixierung verantwortlich zeichnen. (Wikipedia nennt hier 23 Prozent, dies dürfte aber ein Tippfehler sein.) Dies wurde unter der Annahme berechnet, dass die photosynthetisch aktive Fläche pro Menge Biomasse für C3– und C4-Pflanzen in etwa gleich ist.
Aktuell liegt die CO2-Konzentration bei etwa 415 ppm. Steigt diese weiter, zum Beispiel bis auf 800 ppm, steigt auch die CO2-Aufnahme der C3-Pflanzen; im Vergleich zur vorindustriellen Konzentration um etwa das Dreifache. Die Gesamtbiomasse wurde 1988 auf 750 Gigatonnen (GT) geschätzt. Die Neubildung von Biomasse wurde im selben Jahr auf 120 GT geschätzt. Mit einem Beitrag von 83 Prozent aller Pflanzen zur Biomasse, wobei 95 Prozent der Biomasse aller Pflanzen C3-Pflanzen sind, errechnet sich eine Neubildung von 93,5 GT Biomasse durch C3-Pflanzen pro Jahr. Außerdem ist bekannt, dass 750 GT Biomasse 550 GT Kohlenstoff entspricht (Stand 2018). Aus diesen Angaben errechnet sich, dass jährlich etwa 68,5 GT Kohlenstoff durch C3 Pflanzen gebunden werden. 1988 lag die CO2-Konzentration bei 350 ppm, woraus man auf eine 2,5-fache Steigerung der CO2-Aufnahme schließen kann, würde die Konzentration des CO2 in der Atmosphäre auf 800 ppm zunehmen. Das wiederum entspräche einer Kohlenstoffbindung durch C3-Pflanzen von 2,5 * 68,5 GT oder etwa 170 GT. Bei einem Verhältnis der Molmassen von CO2 zu C von 3,67 zu 1 errechnet sich eine Bindung von über 600 GT CO2 jährlich. Über 370 GT von diesen 600 GT CO2 gingen auf die CO2 induzierte höhere CO2 Aufnahmerate zurück.
Dies sind alles nur Überschlagskalkulationen. Schon bei den zugrunde gelegten Daten kann man von großen Streuungen ausgehen. Für eine qualitative Abschätzung sollte das aber genügen. Weiterhin ist zu beachten, dass jährlich auch Pflanzen absterben, was den Effekt der Neubildung zum Teil kompensiert. Trotzdem kann die errechnete Menge von 370 GT zusätzlich gebundenem CO2 pro Jahr in Relation gebracht werden, einmal zu den geschätzten 37 GT CO2 Emissionen pro Jahr (Stand 2019), zum zweiten zu der Bindung von 250 GT CO2 in 2018. Aus diesen Zahlen lässt sich erahnen, welches Senkenpotential eine weitere Zunahme der CO2-Konzentration in der Atmosphäre über die dadurch ausgelöste Steigerung der CO2-Aufnahmerate bei C3-Pflanzen hat. Das heißt, das Pflanzenwachstum und damit die Biomasse könnte so stark zunehmen, dass netto mehr CO2 durch die Pflanzen aufgenommen wird als durch die Emissionen in die Atmosphäre gelangt. Dies würde somit zu einer Verlangsamung der Zunahme der Konzentration des CO2 in der Atmosphäre führen bis sich ein neues Gleichgewicht eingestellt hat.
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